Bücher / Kataloge

Von der Heydt Museum Wuppertal

Katalog Erinna König,
Retrospektive Erinna König Oktober 2023-Februar 2024,
Von der Heydt Museum, Wuppertal

Herausgegeben von Roland Mönig
Autoren Anika Bruns, Dieter Schwarz
Redaktion Anika Bruns, Henrike Stein
Gestaltung Adeline Morlon
Bildbearbeitung Henning Krause

Erschienen im Verlag Kettler, Dortmund

© 2023 Von der Heydt Museum Wuppertal, Nachlass Erinna König, Autor*innen, Verlag Kettler.

Fotos : © Henning Krause, © Dejan Saric, © Egbert Trogemann, © Nic Tenwiggenhorn, © AntjeZei-Loi, © Von der Heydt Museum Wuppertal

 

 

©️ 2023 von der Heydt-Museum, Photo: Adeline Morlon

Mit, neben, gegen.
Die Schüler von Joseph Beuys

In diesem Buch wird zum ersten Ml die Wirkungsgeschichte der Akademietätigkeit von Joseph Beuys aus der Sicht seiner ehemaligen Schüler beschrieben. 1961 als Professor für Bildhauerei an die Staatliche Kunstakademie Düsseldorf berufen, 1972 aufgrund der Auseinandersetzungen um hochschulpolitische Fragen entlassen, gibt Joseph Beuys (1921-1986) als einer der bedeutendsten, aber auch umstrittensten Akademielehrer nach 1945. In seinem Bemühen steht Beuys in der Tradition avantgardistischer Künstler, die sich engagiert für eine auf Gesellschaftsveränderung drängende ästhetische Erziehung eingesetzt haben. Der Erfolg seines Unterrichts schlug sich einerseits in der großen Anzahl der Studenten nieder, andererseits in der großen Vielfalt der künstlerischen und pädagogisch-vermittelnden Positionen innerhalb seiner Schülerschaft. Mit dieser Publikation werden die Erfahrungen und Reflexionen sowie die Erinnerungen ehemaliger Schüler festgehalten. Eine Auswahl der transkribierten Interviews befindet sich im Anhang.

© Copyright 2000
Richter Verlag Düsseldorf,
Petra Richter

Hier Ausschnitte, welche
sich auf Erinna König beziehen:

©️ vg Bild-Kunst Bonn 2000

Joseph Beuys und seine Schüler

Sammlung Erhard Klein, Moderna Galerija Ljubljana

Blazenka Perica und Bernhart Schwenk

Porträt eines Kraftfelds – die Sammlung Erhard Klein — (Auszug)

 […] Der “Erweiterte Kunstbegriff” von Beuys wird im Kreis besonders seiner jüngeren Schüler als seine Art “Erweiterter Naturbegriff” vielfältig umgededeutet und u.a. am Thema Landschaft weitergeführt: Obwohl in ihrer formalen Erscheinung sehr unterschiedlich, berühren sich die Arbeiten von Stephan Runge und Michael von Biel sowohl in der Aktualisierung klassischer Mittel der Malerei, die Beuys in seinem eigenen Schaffen für unbedeutend hielt, als auch in der Hinterfragung des Mimesis-Begriffs. So assoziieren Runges Arbeiten auf Seidentüchern durch ihre Farbexplositionen Naturereignisse, die an geologische Eruptionen oder Fäulnisprozesse denken lassen. Auf diese Weise stellt Runge die naturgesetzlichen Entstehungsprinzipien von Zufall und Chaos als dem Schöpferischen parallele Kräfte dar. Auch die Landschaftsbezeichnungen und -bilder von Michael von Biel, etwas die Bonn-Bilder zielen auf solche Parallelen hin, indem sie die Grenze zwischen dem Gegenständlichen und dem Prozessualen der Malerei aufheben. Während sich der Beuys’sche Naturbegriff als Antipode, wenn nicht sogar als Kritikinstrument gegen zivisilatorische Ordnung und Fortschritt als Prinzipien der Kultur deuten läßt, bleibt bei den genannten Künstlern wenig davon erhalten.

Worauf ein solcher veränderter Mimesis-Begriff den wir hier als erweiterten Naturbegriff bezeichnen, hinausläuft, läßt such in der knappen Aussage der Künstlerin Erinna König zusammenfassen. “Es geht weder darum, nach der Natur, noch wie die Natur zu produzieren.” Das Schöpferische ist nicht mehr nur den Naturvorgängen im Sinne der griechischen Physys zu entnehmen. An die Stelle des Natur-Begriffs ist vielmehr ein umfassender Realitäts-Begriff getreten, der das natürlich Beschaffene um das kulturell Geschaffene erweitert und damit Verbindungen und Überschneidungen zwischen beiden Bereichen her- bzw darstellt. Die in der Ausstellung gezeigte Arbeit von Erinna König, die die Künstlerin mit ‘Landschaft’ betitelt, erscheint uns in einem traditionellen Rahmen kein von der Natur abgenommenes, klassisches Landschaftsmotiv, sondern eine Holzmaserung, die ein solches Bildmotiv suggeriert. Handelt es sich um die letzten Spuren von Natur oder schon um die Ästethisierung dieser Überreste? Steht dieses Bild stellvertretend für ein verschwundenes Naturbildo der verweist es bereits auf unsere von der Kultur geprägten Sehmuster? Fragt Erinna König nach der Natur oder nach der Kultur? Es darf grunsätzlich offen bleiben, ob sic him Bereich des Schöpferischen Kultur überhaupt noch von der Natur abgrenzen läßt.

Ähnliche Überlegungen lassen sich auch im Werk von Walter Dahn wiederfinden, wenn er sagt:”Was mich eigentlich interessiert, sind wirkliche Beweggründe, z B die Frage, was einen überhaupt zum Malen bringt.” Hier wird erneut die Suchen ach dem Bezugsrahmen deutlich, von welchem aus Kunst ihren Sinn ableiten kann. Häufiger als Erinna König nimmt bei der Lösung dieses Problemes Walter Dahn im Stilmittel der Ironie Zuflucht, die nicht selten Bildfindungen von Joseph Beuys persifiert, besonders deutlich in “Die Hasenente/ der Entenhase” (1993). […]

Photos: Norbert Faehling
Redaktion der Texte: Blazenka Perica, Erhard Klein
Gesamtherstellung; Apex, Köln
© Moderna galerija, Llubljana + Erhard Klein, 1994

© Moderna galerija, Llubljana + Erhard Klein, 1994